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(Business Model) Innovation im eCommerce

Angeregt durch die Diskussion rund um Innovationen im eCommerce bzw. die Innovationskraft von Herstellern einer Shopsoftware (Alexander Ringsdorff, Andreas Unger, Roman Zenner, Jochen Krisch und Björn Schotte) habe ich mir die Zeit genommen – ebenfalls mit ein paar losen Gedanken – meinen Beitrag zu diesem Thema zu leisten.

User driven Innovation: Innovationen im Zeitalter des Kunden

Im Beitrag „Willkommen im Zeitalter des Kunden“ wurde vor kurzem geschildert, dass sich die Regeln im Umgang mit den (potenziellen) Kunden in den letzten Jahren gravierend verändert haben und der Schlüssel zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen in Zukunft vor allem darin liegt, eine möglichst genaue Kenntnis über den Kunden/ Nutzer und die Beziehung zu diesem zu erhalten. Nur wenn Unternehmen in der Lage sind, den Kunden/ Nutzer (Konsument) wirklich verstehen zu lernen, seine Gedanken sowie seine nächsten Schritte über ein besseres Verständnis erahnen und sein Engagement entsprechend  steigern, d.h. ihn begeistern und ein positives Nutzenerlebnis bieten, wird er bereit sein, sein Geld jetzt oder auch in Zukunft bei diesen Unternehmen zu lassen. Eine der wesentlichen Herausforderungen neben einer postitiven Customer/ User-Experience liegt dabei darin, das richtige Nutzen- und Wertversprechen (Value Proposition/ USP) für den Kunden zu finden und dies zu monetarisieren. Das ist der zentrale Baustein eines jeden Geschäftsmodells oder auf neudeutsch, eines jeden Business Models.

Nur wie lassen sich die richtigen Nutzen- und Wertversprechen finden? Der klassische Weg ist, an eigenen Produkten zu forschen, in der Hoffnung, die nächste große Innovation auf den Markt zu bringen. Waren zu Beginn die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in den meisten Unternehmen noch abgeschottete „Hochsicherheitsbereiche“, öffnen sich diese Strukturen sukzessive in Richtung „User driven Innovation“ oder „Open Innovation„, indem Unternehmen ausgewählte Konsumenten an der Ideenfindung und Produktentwicklung teilhaben lassen oder Innovationsanreize von außen mit einfließen lassen. Auch hier steigt der Einfluss und die Macht des Konsumenten an, denn gemeinsam mit diesem und basierend auf seinen Eingaben entwickeln Unternehmen ein Produkt, dass ein spezifisches Kunden-/ Nutzerbedürfnis befriedigen soll.

Längst vorbei sind damit die Zeiten, in denen die Konsumenten als passive Marktteilnehmer und in ausreichend attraktiver Masse darauf warten umssten bzw. hofften, dass die Industrie Produkte auf den Markt wirft, die ihre Bedürfnisse so gut wie möglich befriedigen. Konsumenten haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte selbst zu einer wertvollen Ressource entwickelt, was das Hervorbringen von Erfindungen respektive Innovationen angeht. Korrekt abgegrezt wird eine Erfindung erst über ihre Kommerzionalisierung oder über die Adaption durch eine Gesellschaft zu einer Innovation und insgesamt ist durch diese Entwicklung ein neues Innovationsparadigma entstanden, in welchem Konsumenten eine zentrale und aktive Rolle beim Hervorbringen von Innovationen spielen.

Das MIT Sloan Management Review (Fall 2011) zeigt anhand drei umfassender Studien (USA, UK und Japan) auf, dass Millionen von Konsumenten unterschiedlicher Volkswirtschaften wesentlich zur Innovationskraft beitragen, indem sie zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse neue Produkte entwickeln oder existierende Produkte modifizieren. Dieses neue Innovationsparadigma lässt sich dabei in drei Phasen aufteilen:

  • Phase 1: Nutzer entwickeln neue Produkte oder Lösungsansätze für sich selbst
    Zu Beginn sind Märkte für Produkte mit neuartigen Funktionalitäten klein und unsicher, so hätte z.B. niemand beim erstmaligen Start der Produktion von Skateboards oder der Spülmaschine sicher abschätzen können, ob der Markt wirklich profitabel ist. Hersteller meiden daher in aller Regel kleine und unsichere Märkte und speziell in der Konsumgüterbranche wissen Hersteller um die Notwendigkeit, ihren Forschungs- und Entwicklungsaufwand sowie weitere Innovationskosten, über eine große Masse an Verbrauchern zu streuen um einen Profit zu erzielen. Als Konsequenz daraus müssen Konsumenten häufig selbst neuartige Lösungsansätze zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse finden da Hersteller zu diesem Zeitpunkt weder den Bedarf des einzelnen Konsumenten noch die wirtschaftliche Tragfähigkeit der neuartigen Lösung erahnen können. Das Skateboard wurde bspw. von Kindern zu ihrem eigenen Vergnügen entwickelt indem sie die Rollen von Rollschuhen an ein Brett genagelt haben. Der erste praktische Geschirrspüler wurde 1886 aus dem Problem heraus entwickelt, dass das feine China-Porzellan bei der Handwäsche sehr oft zerbrach.
  • Phase 2: Andere Konsumenten prüfen, verweigern, kopieren oder verbessern diese Ansätze
    Wie die Umfrage u.a. zeigte sind die meisten konsumergetriebenen Erfindungen erst einmal interessant für den Konsumenten, d.h. den Erfinder selbst. Einige Efindungen jedoch haben ein größeres Potenzial. Häufig werden die Erfindungen/ Lösungsansätze weiteren Nutzern zur Verfügung gestellt welche diese mit Blick auf eigene Bedürfnisbefriedigungen testen oder die diese Ansätze kopieren, ausprobieren oder verbessern um die persönlichen Bedürfnisse noch besser zu befriedigen. Häufig geschieht die Verbreitung dieser Lösungsansätze über webbasierte oder anderweitige Communities. Je nachdem wie hoch die Viralität dieser Erfindungen ist und wie offen Hersteller auf das Thema konsumenten-getriebene Innovation zugehen, empfangen Hersteller ein mehr oder weniger starkes Signal im Hinblick auf ein mögliches Markt- und Profitpotenzial eines Produktes oder eine ganzen Produktlinie.
  • Phase 3: Hersteller betreten den Markt, wenn das Potenzial klar ist
    Hersteller beginnen die ihnen zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen zu hinterfragen (z.B. Design, Funktion des Produkts, Marktpotenzial, absehbarer Risiken, etc.). Als sich das Skateboard bspw. unter den Kindern/ Jugendlichen rasant verbreitete, wurden die ersten Unternehmen darauf aufmerksam. Kleinere Hersteller betreten diese – noch relativ kleinen – Märkte generell zuerst, da sie sich auch mit diesen Märkten zufrieden geben. Nicht selten werden durch die Erfinder selbst Unternehmen zur Vermarktung ihrer Erfindung gegründet. Wächst der Markt weiter, betreten die großen Hersteller die Bühne, meist in Form von Zukäufen. So nehmen Hersteller am Marktgeschehen teil obwohl sie die initiativen Ideen und Prototypen nicht (weiter) entwickelt haben. Sie verbessern dann die nutzergetriebenen Lösungsansätze, um sie verfügbarer und einfacher zu bedienen zu machen, oft auch mit Redesigns verbunden um sie besser für die Low-Cost-Massenproduktion zu machen.

NeuesParadigma

 

Implikationen für den Konsumenten:

Erstens, Konsumenten sollten sich dessen bewusst sein, dass sie selbst einen bedeutenden Einfluss auf die Entstehung neuer oder neuartiger Produkte haben können. Es ist nicht nur die Aufgabe von großen und bekannten Unternehmen, z.B. GE („Bring good things into life“), Produkte und Lösungen anzubieten sondern auch der Konsument kann, getreu dem Motto „Wenn ich wirklich etwas Neues haben möchte, dann muss ich es eben selbst machen“ Verantwortung übernehmen, Einfluss ausüben und zu Veränderungen in der Produktlandschaft beitragen. Die neuen Medien erlauben dabei bzw. beschleunigen sogar das Teilen im Sinne von „… dann entwickeln wir es entweder gemeinsam oder ich lasse weitere Menschen an meiner Lösung teilhaben“. Zweitens, durch technologischen Fortschritt, zunehmende Vernetzung, immer günstigere Softwarelösungen oder Open Source sind immer mehr Konsumenten in der Lage, eigene Lösungen zu sehr günstigen Kosten zu gestalten bzw. zu entwickeln. Drittens, durch die weltweite Vernetzung und Globalisierungseffekte ist es für Konsumenten einfacher, an Hersteller heranzutreten, die ihre Lösungsansätze kostengünstig umsetzen (z.B. 3-D-Printing, Computer-aided Manufacture, etc.).

Mit Blick auf den zweiten Punkt interagiert ein bestimmter Teil der Konsumenten in einem Beziehungsnetzwerk um die Sinnhaftigkeit ihrer Lösung zu prüfen bzw. zu diskutieren. In aller Regel versehen sie diese Lösungen – im Gegensatz zu einer kleinen Gruppe an Erfindern – nicht mit Schutzrechten wohingegen die meisten Erfinder ihre Errungenschaften bzw. Lösungsansätze kaum mit anderen teilen, wie es andere bspw. über eine Webseite bzw. über sozialen Netzwerk präsentieren tun und dadurch andere Interessierte zur Diskussion einladen. Ein Portal, dass die „Hobbyerfinder“ vernetzt und zum Austausch einlädt, kann den Austausch und die Entwicklung von Erfindungen ungemein vereinfachen bzw. dazu einladen, ebenfalls am Austausch teilzunehmen (vgl. hierzu auch Thingiverse). Andere Präsenzen wiederum erlauben das Anbieten und den Vertrieb von Erfindungen gegen Bezahlung, was mitunter auch das Ausloten von Zahlungsbereitschaften erlaubt.

Implikationen für Unternehmer:

Ganz nach Prof. Faltins Geschmack sind Unternehmer, sofern Sie Schritt 3 des Paradigmas erreicht und ausreichend Daten hinsichlich Nachfrage und möglichem Gewinn gesammelt haben, heutzutage nicht mehr zwingend darauf angewiesen, im Falle einer Idee ihren Job aufzugeben um diese umsetzen zu können.  Erfindungen können so einfach wie nie zuvor kommerzionalisiert werden, indem über einen Komponentenansatz Hersteller, Vertriebspartner, Logistiker, etc. gesucht und beauftragt werden, um ein Produtk zu vermarkten (vgl. Kopf schlägt Kapital). Während das Bild des Vollblut-Unternehmers, der sich bspw. zu früheren Zeiten noch ausgiebig um alle Aufgaben der Wertschöpfung kümmern musste, langsam schwindet, spricht man heute häufig auch von Casual-Unternehmern, die sich schlussendlich auf eine bestimmte Kernkompetenz konzentrieren und den Rest der Leistungen über ein Komponenten-Netzwerk einkaufen und ausführen lassen.

Implikationen für bestehende Unternehmen:

Viele traditionelle Unternehmen werden bzw. solten in Zukunft dazu übergehen, ihre vorhandenen Strukturen, was die Produktentwicklung betrifft, zu hinterfragen und wie sie diese dahingehend reorganisieren können, um auch den Input der Konsumenten zu erfassen und wirkungsvoll umzusetzen, d.h. ein konkretes Nutzen- und Wertversprechen für einen ausreichend großen Markt zu entwickeln. Dabei wird es vor allem um die Beantwortung einer fundamentale Frage gehen:

What would we need to change around here if we really believed that consumers are actually developing, prototyping, use-testing and market-testing some of what will be our most important and novel new products – without us? (MIT Sloan Management Review; Fall 2011; p. 32)

Die Beantwortung und Lösung dieser Frage bedeutet u.U. ein radikales Aufbrechen vorhandener Denk- und Machtstrukturen, vorrangig in traditionellen Unternehmen und nicht selten scheitern ambitionierte Führungskräfte/ Mitarbeiter an Widerständen die sich gegen neuartige Ansätze und/ oder den Verlust von Einfluss bzw. Macht richten. Einfache Ansätze, um diesen Weg vorsichtig zu beschreiten, können die Errichtung von Communities sein, in denen die (Lead-) User sich vernetzen und gegenseitig sowie mit dem Unternehmen interagieren oder die Einrichtung eines Innovationswettbewerbs sein (vgl. hierzu auch Atizo.com als unternehmensübergreifender Ansatz). Etwas einfacher scheint der Ansatz zu sein, den Blick der eigenen Produktentwickler etwas mehr in Richtung Innovationspotenzial von konsumenten-getriebenen Erfindungen zu richten.

Product engineering is not the value companies should look for in the consumer-developend prototype product and related usage. (MIT Sloan Management Review; Fall 2011; p. 32)

Der Konsument zeigt in diesen Fall deutlich einen Prototypen, der eine neuartige Funktion beinhaltet bzw. eine Lösung, die einen neuartigen Nutzen bietet und adressiert definitiv ein Bedürfnis, das mindestens eine Person besitzt. Das sind nahezu kostenlose Informationen, die jedes Unternehmen auf dem Radar haben sollte, denn beginnend bei diesem Punkt und der Weiterentwicklung dieses Kundenbedürfnisses, ist das Entwicklungsersonal eines Unternehmens in der Lage, ein massenmarkttauglichen Produkt zu entwickeln. Während Konsumenten dabei häufig ihre Erfindungen bzw. Ideen nicht mit Schutzrechten versehen, ist es für Unternehmen gerade zu üblich, Modifikationen aus diesem Erfindungen mit Schutzrechten auszustatten um sich dadurch Wettbewerbsvorteile zu verschaffen oder schlichtweg um Markteintrittsbarrieren zu erhöhen. Darüber hinaus können Unternehmen durch Aufgreifen von konsumentengetriebenen Erfindungen/ Lösungen ein großes Maß an Kosten einsparen, denn Machbarkeits- und Marktstudien wie auch Prototyping und Produkt-Tests sind mitunter ziemlich kapitalintensiv.

Was sollten Unternehmen tun?

Indem Unternehmen…

  • Konsumenten das Erfinden über Netzwerke und Wettbewerbe erleichtern und dies intensiv beobachten,
  • von Fall zu Fall auch Schutzrechtsverletzungen zulassen, wenn Konsumenten Produkte eines Unternehmens modifizieren, illegal hacken bzw. zweckentfremden und mit neuen Funktionen versehen,
  • Konsumenten aktiv in die eigenen Innovationsprozesse einbinden,
  • versuchen herauszufinden, was Nutzer als Gegenleistung für den Austausch von Wissen zu Bedürfnissen und möglichen Lösungsansätzen verlangen und
  • den Erfindern im Falle einer marktgerechten Umsetzung einer Erfindung eine namentliche Nennung bzw. etwas öffentliche Aufmerksamkeit bzw. Wertschätzung zukommen lassen,

schaffen sie sich ein enormes Wertpotenzial, das richtig ausgeschöpft zu Wettbewerbsvorteilen durch das WISSEN MIT DEM KONSUMENTEN und nicht nur durch das WISSEN ÜBER DEN KONSUMENTEN führt.

 

Die Zukunft des Retail

Alle 50 Jahre unterliegt der Handel gravierenden Veränderungen und es stellt sich die Frage, wie sich die Zukunft des Retail aus heutiger Sicht gestalten wird. Vor rund 150 Jahren trugen das Wachstum großer Städte und der Ausbau des Eisenbahnnetzes zur Entwicklung eines modernen Retails bei. Die Massenproduktion von Kraftfahrzeugen erfolgte ca. 50 Jahre später und bald entstanden große Einkaufszentren außerhalb der Städte, die wiederum zur Herausforderung für Ladengeschäfte in den Städten wurden. Die 60er und 70er waren die Jahre der Discounter (z.B. Walmart) und seit Beginn des neuen Jahrtausends nimmt der Siegeszug des eCommerce seinen Lauf. Jede Welle der Veränderungen löste die vorhergehenden Formen zwar nicht ab, veränderten jedoch die Landschaft des Retail und damit verbunden auch die Kundenerwartungen. Das Web 2.0 und der damit verbundene Einfluss sozialer Netzwerke (fCommerce), die jüngste Entwicklungen im mCommerce, die Entwicklungen des Tablet-Markts (tCommerce), immer neu hinzukommende Wettbewerber (z.B. Hersteller, ISPs, Intermediäre, Gate-Keeper, etc.) bzw. neue Geschäftsmodelle beschleunigen disruptive Veränderungen und stellen damit nicht nur traditionelle Offline-Retailer, sondern auch etablierte respektive aufstrebene Online-Retailer vor neue und teilweise auch große Herausforderungen.

Heutzutage sind Nutzer in der Lage, sich über mobile Devices im stationären Handel über Vergleichspreise bzw. das nächste, beste Angebot (NBO) zu informieren. Nutzer greifen von stationären PCs, über Laptops, Netbooks, über ihre Smartphones oder Tablet-PCs von jedem Ort zu jeder Zeit über verschiedene Kanäle auf Präsenzen von Retailern zu. Durch den einfachen Zugriff auf Technologie, die Preistransparenz der Kunden und eine hohe Wettbewerbsintensität sind für viele Retailer Wettbewerbsvorteile nur noch über ein hohes Maß an Service, eine Bindung an die Marke und genaueste Kenntnisse über den Nutzer bzw. den Kunden zu erlangen. In der Zukunft liegt die Herausforderung für Retailer daher vor allem darin, diese einzelnen Kanäle derart gezielt abzustimmen, dass Nutzern ein integriertes und stimmiges Serviceportfolio sowie Nutzererlebnis geboten werden kann. In diesem Zusammenhang kann von Omnichannel-Retailing (Harvard Business Review [HBR]) bzw. Agile Commerce (Forrester) gesprochen werden. Diese beiden Begriffe stehen für nichts anderes als für die Tatsache, dass Retailer über zahlreiche Kanäle wie die eigene Webseite, physische Ladengeschäfte, Direktmailing, Kataloge, Call Center, Social Media, Mobile Endgeräte, Spielekonsolen, TV-Geräte, vernetzte Anwendungen, eingebettete Hardware, etc. mit dem Kunden interagieren können.

Auf die Frage hin wie der Retail in fünf Jahren aussehen kann, zeichnen der HBR in seinem Dezember-Spotlight (2011) und Forrester Research ein interessantes Bild. Bereits 2014 wird fast jedes mit dem Internet verbundene Mobiltelefon ein Smartphone sein und ca. 40% aller Amerikaner werden Tablets wie das iPad nutzen. Sehr viele eCommerce-Aktivitäten werden sich damit in den mCommerce (Anteil am US-eCommerce in 2016: 7%) oder tCommerce verlagern. Tablet-Nutzer werden einer Studie zufolge primär auch diese anstelle von Smartphones oder PCs für Online-Shopping-Aktivitäten nutzen. Dies wird zuerst in den USA und mit etwas zeitlicher Verzögerung auch in Europa bzw. Deutschland zu beobachten sein. Von der Online-Retail-Seite aus gesehen wird klar sein, dass viele Unternehmen in Zukunft ihre Strategien in Richtung „Mobile“ und „Tablet“ optimieren. In meinen Augen ist absehbar, dass dieses Vorgehen alleine keine nachhaltigen Wettbewerbsvorteile generieren wird. Für Gedanken zur weiteren Differenzierung halte ich folgendes Szenario am Beispiel des Jahres 2016 für ziemlich spannend:

Lisa (26) benötigt für eine Feier ein neues Outfit. In 2011 wäre sie wohl in das nächste Einkaufszentrum bzw. in die Stadt gefahren, um sich in Ladengeschäften inspirieren und zum Kauf verleiten zu lassen. Heute beginnt sie ihren Einkauf per Videokonferenz mit ihrer persönlichen Beraterin bei HA&EM, wo sie vor einem Monat bereits zwei Outfits gekauft hat. Ihre Beraterin empfiehlt einige Kleidungsstücke anhand eines Avatars, der Lisa’s stark ähnelt. Davon wählt Lisa einige aus und überprüft auf einem anderen Browser-Tab passende Kundenreviews und vergleicht gleichzeitig deren Preise. Sie findet über Produktpreissuchmaschinen teilweise bessere Preise bei anderen Anbietern und bestellt auch dort. Einen Teil bestellt sie bei HA&EM und anschließend sucht sie noch eine Filiale in der Nähe auf um einige Lagerware anzuprobieren.

Als Lisa dort ankommt wird sie von einem Verkäufer mit ihrem Namen begrüßt und zu einer Ankleide begleitet, wo bereits das online bestellte Kleidungsstück parat liegt und dazu noch einige Schuhe und passende Bekleidungsstücke als persönliche Empfehlung. Ihr gefallen die Schuhe und sie scannt deren Barcode um einen Preisvergleich durchzuführen. Da sie diese Schuhe um 30 EUR günstiger bei einem anderen Store findet zieht der Verkäufer mit dem günstigeren Preis gleich und ermutigt Lisa, weitere Kleidungsstücke zu probieren. Aufgrund deren Preise sendet Lisa entsprechende Produktvideos per Smartphone an modebewusste Freundinnen und fragt nach deren Meinung. Deren Antwort, per SMS und facebook-Kommentar, lässt nicht lange auf sich warten, alle Daumen nach oben. Sie wählt die Kleidungsstücke die sie schlussendlich möchte, sucht noch schnell im Internet nach Gutscheinen und bezahlt über ihr Smartphone. Einige der gekauften Produkte präsentiert sie stolz auf ihrer facebook-Pinnwand.

Auf dem Weg zur Tür macht Lisa ein lebensgroßer Bildschirm auf ein Spezialangebot aufmerksam. Lisa prüft noch schnell ihr Guthaben, lächelt und scannt mit ihrem Smartphone den QR-Code auf dem Bildschirm. Das Spezialangebot wird über Nacht an sie versendet. Auf dem Weg zurück zur Wohnung erhält Lisa über einen Location-Based-Service noch einen Coupon von einem Restaurant auf dem Weg übermittelt in dem es heute drei Cocktails zum Preis von einem gibt. Sie lädt Ihre Freundinnen auf einen Drink um 2100 Uhr ein.

Dieses Szenario wirkt auf dem ersten Blick zwar ziemlich fiktiv, ist dabei jedoch weder futuristisch noch abstrus. Alle Technologien die Lisa nutzt sind bereits verfügbar und innerhalb der kommenden Jahre werden viele dieser Technologien auch eingebettet bzw. im Einsatz sein. Es scheint als ob dabei sowohl ein Traum auf Nachfrager-Seite als auch ein Albtraum auf Anbieterseite wahr wird. Gerade hier liegen jedoch sowohl für traditionelle Retailer als auch für Online-Retailer große Chancen bei überschaubaren Risiken.

Um auf Dauer sowohl im stationären Geschäft als auch online überleben zu können, müssen Retailer ihre Geschäftsmodelle neu ausrichten und passende Strategien entwickeln, die auf Omnichannel-Retailing bzw. Agile Commerce ausgelegt sind. Das bedeutet, die langjährige Produkt- und Vertriebserfahrung gezielt mit den Vorteilen von Ladengeschäften und den Vorzügen des Online Shoppings zu kombinieren. Um dies zu erreichen werden sie sich bestimmten Herausforderungen stellen dürfen. Viele (traditionelle) Retailer verfügen nicht oder nur unzureichend über die notwendigen Technologien. Einige werden sich über die Trial-and-Error-Methode herantasten und benötigen dabei neue Talente bzw. neues Know-how in ihren Unternehmen sowie neue Metriken zur Messung von Erfolg. Traditionelle Retailer müssen die Lücke der fehlenden Online-Retail-Profession von einer Schwäche in eine Stärke umwandeln oder beide Welten gezielt miteinander kombinieren. Es gilt das Einkaufen in ein unterhaltendes, aufregendes und emotional engagierendes Erlebnis verwandeln. Unternehmen wie Disney und Apple sind hierbei bereits führend.

Reine Online-Pure-Player werden, um nachhaltige Wettbewerbsvorteile aufbauen zu können, meiner Ansicht nach den umgekehrten Weg gehen müssen. Sie sollten ihre Markenpräsenz und Service-Portfolio über physische Verkaufsflächen, unter Nutzung eines gaballten technologischen Know-Hows und unter Zuhilfenahme aufeinander abgestimmter, integrierter Kanäle, sukzessive ausbauen. Häufig müssen bestehende Geschäftsmodelle hintefragt, angepasst, ggf. eliminiert und teilweise auch vom Reissbrett aus neu entwickelt werden, wobei jedes Mal gilt „… model smart & play tough!“

Quellen:

  • Harvard Business Review, December ’11
  • Forrester Research Inc.

 

Innovationen als Herausforderung im eBusiness

Innovation als ständige Herausforderung prägt zunehmend das Handeln von Akteuren im eBusiness

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass innovative Geschäftsmodelle bzw. die Anwendung innovativer Produktideen oder Technologien den eCommerce durchaus auf den Kopf stellen können. Apple bspw. revolutionierte mit seinem iPhone und dem iPad sowohl den Smartphone- als auch den Tablet-PC-Markt und wurde dadurch mitunter eines der erfolgreichsten Technologie-Unternehmen. Einer Studie von Forrester Research, durchgeführt unter iPad-Besitzern (2011, US-Markt), ergab, dass bereits jetzt der Anteil der Einkäufe über das iPad gegenüber den Einkäufen per Smartphone oder PC überwiegt, Tendenz steigend. Durch Groupon und damit verbundene Copy Cats erreichte das Couponing, das bis dato überwiegend printgetrieben war, eine vollkommen neuartige Dimension. facebook drängt zunehmend in den eCommerce (fCommerce) und ebenso Google, das sich zunehmend Traffic zurückerkämpfen möchte, da bspw. der Branchenprimus Amazon durch seine Marktmacht und Angebote wie PRIME eine Art Stellung als „Poduktsuchmaschine“ erkämpft hat und Google somit wertvoller Traffic verloren geht.

Unternehmen bzw. Manager sehen sich zunehmend einer stärkeren Position und einer höheren Wandlungsfähigkeit von Wettbewerbern ausgesetzt. Vorbei sind die Zeiten in denen Preise, Sortimente und/ oder Technologie einen Wettbewerbsvorteil dargestellt haben. Das bedeutet, dass Innovationen über bestimmter Enabler, teilweise notwendig durch externen Druck, über viele Dimensionen des Geschäftsmodells hinweg antizipiert, angenommen und zu eigenen Stärken sowie Vorteilen ausgebaut werden sollten.

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Abbildung: Innovationstreiber berühren alle Bereiche des eBusiness (eigene Darstellung in Anlehnung an Forrester Research, Inc.)

Enabler von Innovationen definieren die Möglichkeiten permanent neu

Enabler sind u.a. gekennzeichnet durch eine erhöhte Bereitschaft der Unternehmer, überschaubare Risiken in Kauf zu nehmen und sogar zu scheitern, sofern ihre Bemühungen zur Stärkung/ zum Ausbau der Wettbewerbsposition gut untersucht und geplant sind (The business appetite for innovation).

Die rasante Entwicklung der Technologie und daraus entstehender Vorteile sind ein weiteres Kennzeichnen für Enabler von Innovationen im eBusiness. Heutzutage ist es nahezu Gang und Gebe, unglaubliche Geschäftmodelle oder Produkte mithilfe von Technologie/ durch Kombination von Technologien zu realisieren, die vor kurzer Zeit vielleicht noch unmöglich gewesen sind während zur gleichen Zeit die Kosten dafür fallen. Beide Punkte öffnen die Tore zu von Technologie abhängigen Produktinnovationen wie bspw. Amazon’s Kindle, das erst dadurch so günstig und damit auch massenmarkttauglich wurde, da die Preise für passive Displays stark gefallen waren (Rapid advances in technology).

Viele Unternehmen – vor allem Retailer – stellen fest, dass User nicht mehr ausschließlich direkt oder über den PC in den Webshop bzw. ausschließlich mit der Intention einkaufen zu wollen einsteigen. Sie beobachten geradezu eine Explosion an möglichen Touchpoints und Intentionen, mit denen der User bzw. der Kunde mit dem Unternehmen in Berührung kommen kann. Diesbezüglich muss die Art und Weise wie eBusiness bisher gesehen wird überdacht werden. Mehr und mehr Unternehmen konzentrieren sich langsam aber sicher darauf, neue Wege zu gehen, um User zu Kunden umzuwandeln und um aus Erstkäufern/ Bestandskunden loyale Kunden zu machen (The increasing agility of eBusiness Operations, vgl. hierzu Agile Commerce).

Notwendigkeit von Innovationen durch externen Druck

Der Wettbewerb innoviert heutzutage schneller als je zuvor – Jeder der eben genannten Enabler erlaubt es nicht nur dem eigenen Unternehmen gezielt, schnell und einfach zu innovieren, sondern ermöglicht dies auch ihren (potenziellen) Wettbewerbern. Dies führt zu einer Drucksituation auf das eigene Unternehmen, vor allem dann, wenn nicht verstanden wird, wie sich Chancen, die sich durch Innovation ergeben können, schnell kapitalisiert werden.

Sinkende Markteintrittsbarrieren erhöhen den Wettbewerbsdruck aus allen Richtungen – Die globale Entwicklung der Wirtschaft und sinkende Eintrittsbarrieren führen dazu, dass Unternehmen nicht mehr nur mit Wettbewerbern aus der gleichen Nische, Region, Nation oder des gleichen Kontinents konkurrieren viagra generique pfizer. Als ein gutes Beispiel hierfür können wohl wohl Exporteure aus Fernost genannt werden, die – abhängig von der Branche und des Marktes – über Joint Ventures genauso in den europäischen Markt streben, wie Unternehmen hierzulande deren Produkte über den Import vertreiben. Ein weiteres Beispiel ist die Situation des Konzerns Proctor & Gamble, der sich zunehmend in der Konkurrenz mit Großhändlern sieht, die eine eigene Webspräsenz eröffnen um den Endkunden direkt anzugehen.

Kunden erstellen zunehmend eigene Einkaufs-Regeln/ -Bedingungen – Consumer Innovation unterwandert mehr und mehr bestehende Geschäftspraktiken im eBusiness, was Unternehmen wiederum mehr und mehr in die Situation versetzt, neue Ansätze zu entwickeln um den mündigen, kritischen und jederzeit sowie jederorts informierten Kunden für sich zu gewinnen. Anbieter klassischer Coupon-Systeme – die als kanalübergreifendes Standardwerkzeug des Handels betrachtet werden können – sind durch Groupon und seine Klone sowie durch die Fähigkeit von Einkaufs-Enthusiasten, sich über Schwächen bestimmter Systeme sofort gegenseitig zu informieren bzw. diese auszutricksen, stark unter Druck geraten. In China werden „Mob-Visits“ organisiert um für ein bestimmtes Produkt bessere Preise auszuhandeln und sogenannte „Preisvergleich-Apps“ sind längst hierzulande angekommen. Es trifft also nicht nur den eCommerce als solchen sondern durchaus auch den Offline-Retail.

Business Model Innovation sowie Business Modeling als Prozess werden immer wichtiger

Bei genauerem Hinsehen sollte vielen klar werden, dass sowohl die Chancen (Enabler) als auch die Risiken (Pressure) Auslöser dafür sind, dass das Thema Business Model Innovation und damit auch der Prozess des Business Modeling (in diesem Blog adressierte Schwerpunkte), kombiniert mit einer hohen Umsetzungsgeschwindigkeit, eine immer wichtigere Rolle in Unternehmen einnehmen werden.

Quelle: Forrester Research, Inc.